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25. November 2017

Der Zinseszinseffekt

Es ist ja durchaus bekannt, dass der Zinseszins(-effekt) ein der meist unterschätzten Phänomene ist. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass man diesen Effekt erst nach vielen Wiederholungen bzw. nach einer gewissen Zeit spürt bzw. sieht. Es gibt keinen schnellen "Aha-Effekt". Kein sofortiges Erfolgserlebnis. Es ist ein Prozess, der Monate, Jahre oder Jahrzehnte dauern kann.


Auch ich habe den Zinseszinseffekt lange Zeit nicht verstanden. Vielleicht verstehe ich ihn noch immer nicht vollständig. Aber ich denke, ich begreife so langsam wie er wirkt.

Seit langer Zeit befasse ich mich mit meinen/unseren Finanzen. Aber irgendwie habe ich stets das Gefühl, dass ich nicht so recht vom Fleck komme. Aber je mehr ich über die Finanzen und deren Entwicklung nachdenke, um so mehr verstehe ich, dass ich mitten im "Zinseszinseffektprozess" stecke bzw. evtl. hier gerade am Anfang stehe:

Unser Haus ist abbezahlt. Nun stehen Mittel zum Investieren zur Verfügung. Die Hypothek (bzw. vergleichbar: Miete) muss nicht mehr gezahlt werden. Einige hundert Euro im Monat stehen daher seit einiger Zeit zusätzlich zur Verfügung. Dieses Geld investiere ich nun in Aktien und unsere vermietete Immobilie. Also schlägt der Zinseszins im Grunde schon voll zu. Ich muss es mir nur bewusst machen. Der Zinseszins stellt sich in diesem Fall mit einem Schlag als die wegfallenden Zins- und Tilgungsleistungen dar. Jeden Monat habe ich ein paar hundert Euro über. Das ist das Ergebnis der Spar- bzw. Tilgungsleistung. Dieses Geld investiere ich nun, damit der Zinseszins in den nächsten Jahren weitere Stufen erklimmt. Ich habe stetig gespart, und so geht´s weiter. (Zumindest teilweise, denn ich habe zwei Kinder :-). Nur dass zusätzlich (wenn alles gut geht) in einigen Jahren neben der weggefallenen Hypothek Zinseszinsen stetig steigende Einnahmen/Vermögenszuwächse in Form von Dividenden, langfristig positiven Kursveränderungen und Mieten zustande kommen. Ich bin also (hoffentlich) mittendrin, muss aber weitermachen, damit sich der Zinseszins entfalten und Früchte tragen kann.

Es ist so schwierig den Zinseszins zu verstehen, da er nicht über Nacht kommt. Er braucht meistens Jahrzehnte. Aber dann kommt er irgendwann um so stärker zum Vorschein. Viele sprechen von diesem Schneeball, der zur Lawine wird. Beispielsweise wird in diesem Zusammenhang oft von der magischen 100.000,-Euro-Grenze für ein Aktiendepot gesprochen. In etwa ab dieser Summe kann sich das Depot verselbständigen. Die Sparraten sind auch dann noch immer sehr wichtig, jedoch sieht man nun auch einen deutlichen Effekt durch Dividendenzahlungen und Kursveränderungen. Natürlich kann es (auch über einen längeren Zeitraum) kurstechnisch gen Süden gehen. Hier muss man dann am Ball bleiben und stetig weiter investieren, auch wenn es sehr schwer fällt. Langfristig jedoch sollte man auf der Gewinnerstraße stehen, auch wenn das Durchhalten in der Praxis sicherlich nicht wirklich einfach ist.

Von diesen 100.000,- Euro bin ich noch weit entfernt. Aber es spornt mich an. Und den ersten Zinseszinseffekt bemerke ich ja bereits wie oben geschrieben durch mein zusätzliches Kapital aufgrund des Wegfalls der Hypothek. Nun gilt es, die nächsten Stufen zu erreichen.

Zudem noch eine kleine Anmerkung: Ich halte nichts davon Ausgaben hinsichtlich des Zinseszinses kritisch zu hinterfragen bzw. zu berechnen - Beispiel: Man gibt 100,- Euro für irgend nen Kram aus. Würde man diese Ausgabe nun nicht tätigen und stattdessen profitabel investieren, dann hätte man nach sagen wir mal 30 Jahren 1.000,- Euro bei x% "aufm Konto". So denke ich nicht, denn nach diesem Denkschema macht man sich vieles kaputt und verlernt zu leben. Man sollte grundsätzlich auf seine Kohle etwas aufpassen und langfristig eine gewisse Sparquote haben. Aber Leben ist auch wichtig, denn man hat nur eines. Auch hier ist der Mittelweg die richtige Richtung, denke ich.

Der Zinseszinseffekt kann jedoch nicht nur auf die Finanzen bezogen werden. Eigentlich kann man diesen Effekt in jeglichen Lebensbereichen anwenden bzw. sehen. Jedoch wieder nur langfristig, was bedeutet dass es schwierig ist zu dieser Stufe zu kommen und die Effekte zu "merken" und somit zu verstehen.

Zum Beispiel bei der Gesundheit: 3 mal Joggen und danach 2 Monate faul auf dem Sofa rumliegen? Kann man machen, hat jedoch keinen Effekt. Erst wenn man regelmäßig läuft (z. B. über einige Monate ein- oder zweimal die Woche) wird sich ein Ergebnis einstellen. Dazu braucht man aber Willenskraft, Disziplin und Geduld. Man muss auch in der 3. Woche noch weiterhin Joggen gehen, obwohl sich evtl. noch wenig auf der Waage oder bei der Fitness tut. Und das ist schwierig. Hält man jedoch durch, kommt auch hier der "Zinseszins" zum tragen. Man wird fit, und das Laufen wird immer "leichter". Man muss sich gar nicht mehr zwingen, sondern man kann nicht ohne. Vielleicht läuft man dann auch öfters oder nimmt an Wettbewerben teil. Und es ist gar nicht mehr so schlimm! Nein, es macht sogar Spaß! Man läuft nun auch ohne Anstrengung, alles geht wie von alleine! - Tja, hier sieht man halt auf anderer Ebene den Zinseszinseffekt. Aus einem trägen Läufer ist eine Sportskanone geworden, und aus ehemals 2,5km Geh-Lauf-Geh-Intervallen ist ein 10km-ist-doch-klein-Problem-Läufer geworden.

Das Gleiche Phänomen findet sich z. B. bei der Arbeit wieder. Wenn man möglichst jeden Tag möglichst viel gibt, proaktiv arbeitet und sich anstrengt, wird man die Frucht irgendwann automatisch ernten können. Aber auch hier sind Disziplin, Geduld, Wille und vor allem Durchhaltevermögen gefragt. Beispielsweise arbeitet man über Tage und Wochen wirklich hart (wo auch immer: im Büro, "aufm Bau", in der Uni oder in irgendwo in der Produktion) und strengt sich wirklich an. Aber die Erfolge bzw. messbare Ergebnisse bleiben irgendwie aus. Auch gibt es vielleicht mal Rückschläge und nix klappt. Dann muss man aber weitermachen und durchhalten. Einfach weitermachen und immer nur den nächsten Tag sehen. Nicht zu viel in die Zukunft schauen, einfach jeden Tag sein Bestes geben. ...ich weiß, das ist nicht einfach. Jeder hat auch mal nen schlechten Tag oder ist krank oder sonstwas passt gerade nicht wirklich in den Kram. Darum geht´s auch nicht. Man kann auch mal nen Durchhänger haben. Aber mittel- bis langfristig strengt man sich an und versucht sein Bestes. Ergebnis: Es wird sich kurz- über lang auszahlen. Nicht sofort, aber irgendwann. Davon bin ich überzeugt. Das Gleiche gilt für weitere Lebensbereiche wie beispielsweise Familie und Beziehungen.

Der Zinseszinseffekt ist schon eine spannende Sache. Ich versuche mich stetig zu verbessern, dazuzulernen und mich zu motivieren. Ich bin kein Überflieger, durch meinen Ehrgeiz und Engagement aber sicherlich im oberen Drittel. Und das ist für mich völlig in Ordnung. Denn wenn man ganz oben mitmischt (z. B. im Arbeitsleben), dann bezahlt man das wiederum (zumindest einige) ggf. an anderer Stelle. ...und da sind wir schon wieder...ja richtig...beim Mittelweg!

Es braucht eine Menge Zeit und auch Lebenserfahrung, um den Zinseszinseffekt wirklich zu verstehen und zu verinnerlichen. So langsam fällt bei mir der Groschen, ich hoffe in 10 oder 20 Jahren wirklich von ihm profitieren zu können. Denn dann erst wird er sich - sofern alles gut geht - erst wirklich entfalten können.

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